Forschungshintergrund

In unserer heutigen Gesellschaft gehört es zum Normalfall und zumeist zur täglichen Praxis, in einer Interaktionssituation die sprachlichen Handlungsmuster an das Gegenüber anzupassen. Je nach Kontext und Gesprächspartner/in kommt es zu situativer und sozialer Variation, einem Verhalten, das nicht auf den deutschsprachigen Raum beschränkt ist (vgl. Kaiser/Ender 2020, 237). In Österreich sind die Voraussetzungen für Sprachvariation günstig, vor allem, wenn man die Situation mit mittel- oder niederdeutschen Gebieten vergleicht.1 Dies liegt vor allem an der noch lebendigen Dialektlandschaft des alemannischen und bairischsprachigen Raums2 und der damit verbundenen recht kleinräumig strukturierten horizontalen Varietätenlandschaft. Da durch die Schulpflicht grundsätzlich jede/r in Österreich Geborene und Lebende mit der Standardsprache in Berührung kommt und diese auch erwirbt (bzw. erwerben sollte), eröffnet sich das Potential vertikaler Variation, also der Fähigkeit, sich sprachlich zwischen den Polen Dialekt und Standardsprache zu bewegen, was im bairischsprachigen Sprachraum nicht schlagartig (switching), sondern gleitend (shifting) geschieht und damit dem Sprachbenutzer bzw. der Sprachbenutzerin grundsätzlich ein Kontinuum innerhalb des vertikalen Variationsraums zur Verfügung stellt.

Diese beiden Variationsräume – horizontale und vertikale Variation – ergeben für sich schon ein recht vielfältiges Potential für den Gebrauch von Varietäten in Kommunikationssituationen in Österreich und damit eine günstige Ausgangslage für das Erlernen mehrerer Varietäten, einen Umstand, den Wandruszka (1975) als innere Mehrsprachigkeit bezeichnet hat. Hinzu kommt noch die Situation der äußeren Mehrsprachigkeit, die für autochthon Deutschsprachige, aber im Speziellen für Sprecher/innen autochthoner Minderheitensprachen sowie allochthone Bevölkerungsgruppen eine Rolle spielt und noch einen weiteren Grad der Komplexität ins Spiel bringt. Letztere beiden Gruppen verwenden Deutsch für gewöhnlich nicht als (alleinige) Familiensprache und sind notgedrungen in ihrer Lebenswirklichkeit damit einer noch größeren Variation in ihren Kommunikationssituationen ausgesetzt, da sie ja zusätzlich zu ihren Herkunftssprachen auch der innersprachlichen Variation des Deutschen in Österreich begegnen. Gleichzeitig erlernt jede Schülerin und jeder Schüler in Österreich in der schulischen Ausbildung zumindest eine Fremdsprache, bei höherer schulischer Ausbildung jedoch zumeist zwei oder drei, somit ist auch der größte Teil der Bevölkerung – zumindest phasenweise – mit äußerer Mehrsprachigkeit in Kontakt. Dies alles ergibt ein recht heterogenes Bild des Ist-Zustands der alltäglichen Kommunikationssituationen in Österreich.

Nun verhält es sich jedoch nicht so, dass die verwendeten Varietäten und auch Fremdsprachen von den Sprecher/inne/n als neutral-funktionale Sprachsysteme gesehen werden, die ausschließlich dafür da sind, einen kommunikativen Inhalt zu transportieren. Der Signifikant dient in der kommunikativen Praxis eben nicht nur dazu, den Signifikaten zu übermitteln, sondern wird selbst zum Übermittler von Information über den Sprachbenutzer bzw. die Sprachbenutzerin. Unterschiedliche Einstellungen über in Österreich gesprochene Fremdsprachen (Wojnesitz 2009, speziell S. 189) und sprachlichen Varietäten (z.B. Moosmüller 1990, Soukup 2009, Bellamy 2012, Ender/Kasberger/Kaiser 2017, Fuchs/Elspaß 2019) zeigen, dass diese Art der Informationsübertragung stattfindet. Diese Funktion der Sprache, die Jakobson/Halle (1960) als „emotiv“, Bühler (31999) als „ausdrucksseitig“, Schulz von Thun (1981) als „selbstkundgebend“ und in der neueren Forschung als „Sozio-Indexikalität“ (z. B. Eckert 2008) bezeichnet wird, scheint ein wichtiger Indikator für die Zuweisung zu und der Teilnahme an einer sozialen Gruppe darzustellen. 

Dass es sich dabei um keine moderne Entwicklung handeln kann, zeigt schon ein skizzenhafter Blick in die Vergangenheit. Man denke nur an die Situation im alten Rom, wo es einerseits die Sprachvarietät der antiken Klassiker gab, andererseits im Kontrast dazu „einfachere“ Varietäten als Volkssprachen existierten, die man zusammenfassend als „Vulgärlatein“ bezeichnet. Diese Form der Abgrenzung der Kommunikation einer Ingroup von einer Outgroup und der damit einhergehenden Diskriminierung (im eigentlichen Wortsinn) dieser beiden Gruppen begegnet uns die gesamte Sprachgeschichte hindurch, sei es zwischen Latein und Varietäten des Deutschen 3 im Mittelalter, sei es zwischen Französisch und einer Varietät des Deutschen, wie man es am Hof des Preußenkönigs Friedrich II. findet, oder, heutzutage, zwischen Varietäten des Deutschen und einer Vielzahl von Fremdsprachen mit unterschiedlichem Prestige.4

Eine Gemeinsamkeit der historischen Gegebenheiten mit der heutigen Situation könnte darin gesehen werden, dass eine Ingroup ausgemacht werden kann, die sich dadurch auszeichnet, dass sie über mehr „Kapitalvolumen“ (Bourdieu 1982) verfügt. Jedoch sorgt speziell die Verfügbarkeit einer Kapitalsorte, des kulturellen Kapitals, dafür, dass die Mitglieder dieser Gruppe durch einen Ausbildungsprozess eine Fremdsprache (z. B. Latein, Französisch) bzw. Varietät (Standarddeutsch) erwerben können, die dann – neben anderen Funktionen wie der Darstellungsfunktion – als sozio-indexikalisches Zeichen zur Anwendung kommt. Die Outgroup verfügt dagegen nicht über diese Form des Kapitals und muss sich damit begnügen, mit ihrer „gemeinen“ bzw. „vulgären“ Kommunikationsform vorlieb zu nehmen, die durch die nun entstandene Diskriminierbarkeit gegenüber der Ingroup jedoch ebenfalls sozio-indexikalische Zeichenfunktion annimmt (dieser Prozess wird auch als Enregisterment bezeichnet; siehe z. B. Agha 2003).

Dies alles stellt noch nicht zwangsläufig ein Problem dar, man könnte hierin einen natürlichen Entwicklungsprozess sehen, der durch die fortschreitende Ausdifferenzierung der Arbeitsverhältnisse des Menschen im Zivilisationsprozess an einem Punkt der kulturellen Entwicklung unabdingbar wird. Tatsächlich aber lässt sich beobachten, dass die Diskriminierbarkeit unterschiedlicher sozialer Gruppen durch unterschiedliche Sprachverwendung häufig einhergeht mit der Pejorisierung der Varietät einer der beiden Gruppen, zumeist der Outgroup. So stellen z. B. Maitz/Elspaß (2011) fest, dass dialektal gefärbte Sprechweise zur schlechteren Beurteilung im schulischen und universitären Kontext führen kann und dass auch Stellen aus diesem Grund nicht vergeben werden. Grogger/Steinmayr/Winter (2019: 2) finden eine systematische Schlechterbezahlung von Dialektsprechenden in Deutschland, die Ähnlichkeiten mit dem „gender wage gap“ aufweist (siehe zu diesem Thema auch Heblich/Lameli/Riener 2015 und Lameli et al. 2015). Beides ist eine klare Benachteiligung von Sprecher/inne/n, die keine „akzentfreie“ deutsche Standardsprache beherrschen, und stellt überdies eine Verletzung des Artikels 14. der Europäischen Menschenrechtskonvention dar:

Der Genuss der in dieser Konvention anerkannten Rechte und Freiheiten [der vorhergehenden Artikel] ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status zu gewährleisten. (https://www.menschenrechtskonvention.eu/diskriminierungsverbot-9298/; Hh. EU, abgerufen am 5.2.2020).

Dass die Beweglichkeit zwischen sozialen Schichten nur gering ausgeprägt ist (vgl. Appelt/Reiterer 2009) und ein potentieller Hindernisgrund für den Aufstieg weniger privilegierter Schichten die Varietätenverwendung darstellt, wurde schon in den 60er-Jahren diagnostiziert. Eine bedeutende theoretische Grundlage hierfür schuf Bernstein (1964) mit seiner „Defizithypothese“. Bernstein attestierte einen Zusammenhang zwischen Sprachverwendung und sozialen Schichten. Die sprachlichen Codes der Unterschicht nannte er „restringiert“, den der Mittelschicht „elaboriert“ und zeigte dies an sprachlichen Beispielen. In weiterer Folge führte er die schlechteren schulischen Leistungen der Unterschicht auf die Verwendung des „restringierten Codes“ zurück. Diese These wurde in der Folge breit rezipiert, zum Teil auch scharf kritisiert, wie z. B. von Labov (1969), der der Defizithypothese die Differenzhypothese gegenüberstellte. Im deutschsprachigen Raum entwickelte sich nun ausgelöst durch Bernsteins Thesen und befeuert durch die erstarkte Linke der 70er-Jahre eine soziolinguistische Debatte, die Aufstiegschancen der Unterschicht durch sprachliche Schulungsmaßnahmen zu erreichen versuchte. In dem als „Sprachbarrierendiskussion“ bezeichneten Diskurs identifizierten bekannte Linguisten wie Ammon (1972) oder Besch (1975) dialektale Sprechweisen als Sprachbarriere und Hindernisgrund, um im schulischen Unterricht erfolgreich partizipieren und in Folge dessen in Berufsfelder der höheren Schichten „aufsteigen“ zu können. Die daraus gezogene logische Schlussfolgerung war die, die Sprachbarriere – also den Dialekt –, so gut es ging, aus dem Schulalltag zu verdrängen, um Kindern durch das Erlernen des „elaborierten Codes“ die Bildungs- und späteren Berufschancen zu verbessern. Zu diesem Zweck wurde z. B. die Reihe „Dialekt/Hochsprache – Kontrastiv“ für verschiedene Sprachregionen des deutschsprachigen Raums herausgegeben.

Fast 50 Jahre später fällt es aus soziolinguistischer Perspektive nicht schwer, auf diese Bemühungen der frühen Soziolinguistik kritisch zurückzublicken. Zum einen trug diese Diskussion mit großer Wahrscheinlichkeit nicht unerheblich zum Dialektschwund bei, der auch heutzutage im Fortschreiten begriffen ist. Zum anderen kann man nicht davon ausgehen, dass die Maßnahmen überhaupt die angestrebten Wirkungen zeigten. Die soziale Schichtung zwischen Dialekt- und Standardsprecher/inne/n hat sich zwar in den letzten Jahrzehnten aufgeweicht, jedoch weist Berthele (2016: 9) darauf hin, dass der Grund dafür auch in einer anderen Sozialentwicklung gesehen werden kann: Den Platz der „Problemkinder“, der sozial Hilfsbedürftigen, den die Dialektsprechenden in der Sprachbarrierendiskussion innehatten, füllen heutzutage die Migrant/inn/en aus, ausgelöst durch Einwanderungswellen, die in den 60er-Jahren ihren Ausgang nahmen. Dialektsprechende bekamen alleine schon durch die Bildung einer neuen „Unterschicht“ neues Sozialprestige zugewiesen.

Eine weitere fragwürdige Konsequenz der Sprachbarrierendiskussion stellt die potentiell vermehrte Pejorisierung und einhergehende Korrektur der Varietät(en) der prestigeärmeren Sprechergruppe im schulischen Kontext dar. Hier sind vor allem zwei Punkte herauszustellen: Einerseits kann die ständige Korrektur der eigenen Herkunftsvarietät dazu führen, dass die Schülerinnen und Schüler sich weniger am Unterricht beteiligen und in sich zurückziehen, was nachweislich die kognitive Entwicklung und Entfaltung behindert (Siegel 2006: 160). Andererseits kann die Korrektur der Kinder mit prestigeärmeren Varietät(en) zur Folge haben, dass sich bei diesen eine generelle Abwehrhaltung gegen das Schulsystem entwickelt (Siegel 2006: 169). Sie erleben ja tagtäglich, dass die Kinder, die die prestigehöhere Varietät sprechen, nicht korrigiert werden und alleine damit schon bessere Bedingungen für Schulerfolge besitzen. Beides ist, gelinde gesagt, nicht ideal im Schulkontext, sicherlich nicht förderlich für die Lernmotivation und kann nicht als Erfüllung des Bildungsauftrags verstanden werden. Man könnte die zugrundeliegende lautere Gesinnung der Federführer der Sprachbarrierendiskussion mit den Konsequenzen dieser Handlungen als Paradebeispiel eines Mandevilleschen Paradoxons (Keller 42014) sehen.

Nicht zuletzt kann man dieser Debatte anlasten, Mithilfe bei der Zementierung schon bestehender stereotyper Einstellungen gegenüber den Varietäten Dialekt und Standarddeutsch geleistet zu haben. Die Einschätzung der Sprachbenutzer/innen, dass Dialektsprechende gemütlich, humorvoll aber auch aggressiv, derb und ungebildet seien, und die Tatsache, dass Sprecher/innen des Standarddeutschen hingegen als höflich, intelligent aber auch arrogant gelten, haben sich in den letzten Jahren nicht wesentlich verändert (Moosmüller 1990, Soukup 2009, Bellamy 2012, Vergeiner/Buchner/Fuchs/Elspaß 2019). Welchen Beitrag zum Erwerb dieser Einstellungen die Schule spielt, zeigen Kasberger/Kaiser (2019) und Kaiser/Kasberger (angen.). Sie untersuchen im mittelbairischen Raum die Entwicklung der Einstellungen im Kindesalter und kommen zum Ergebnis, dass im Alter von 4-6 Jahren noch keine über die Familiarität hinausgehende Präferenz für eine Sprachvarietät existiert. Dies ändert sich mit dem Eintritt in die Volksschule, es entwickelt sich eine Präferenz für die Standardsprache, die gegen Ende der Volksschulzeit wieder abnimmt. Die Zeit der Primarstufenbildung scheint ausschlaggebend für den Erwerb diesbezüglicher Spracheinstellungen zu sein, da diese am Ende denen der Erwachsenen schon sehr ähneln. Die Rolle der schulischen Bildung scheint dafür essenziell zu sein. So kommen auch Kaiser/Kasberger (angen.: 33) zur Schlussfolgerung: „[T]he home seems to be gradually superseded by school as the most influential source of language attitudes“.

Das Aufwachsen in einer Region mit lebendiger Dialektlandschaft scheint aber auch Vorteile zu haben. Die innere Mehrsprachigkeit, die in einer solchen Region unter anderem durch den Aufbau literaler Fähigkeiten im Schulkontext hergestellt wird, scheint sich günstig auf die Kognition der jeweiligen Sprachbenutzer/innen auszuwirken. Alleine schon die Ergebnisse des PISA-Test II zeigen, dass dialektal geprägte Regionen nicht schlechter, sondern tendentiell besser abschneiden als Regionen, in denen die Dialekte schon stark geschwunden sind (Dialekte in Bayern 2015: 104). Jedoch existieren auch Studien, die versucht haben, konkrete Vorteile bilektaler Sprecher/innen zu zeigen. Berthele (2008) zeigte in einer Versuchsanordnung, in der es darum ging, eine germanische Fremdsprache durch Fähigkeiten der inneren Mehrsprachigkeit zu erschließen, dass dialektsprechende Personen „höheres metasprachliches Bewusstsein“ und vergrößerte „sprachspezifische Kontrolle“ besitzen. Vangsnes/Söderlund/Bleckesaune (2017) fanden im norwegischen Kontext, in dem zwei standardsprachliche Schriftsysteme existieren, heraus, dass die Gruppe der Schüler/innen, die in beiden schriftsprachlichen Varietäten literalisiert sind, statistisch gesehen bessere Noten erreicht als die monolektale Vergleichsgruppe. Antoniou et al. (2016) stellten bei ihrer Studie über bilektale zypriotische und standardsprechende Athener Schülerinnen und Schüler fest, dass bei ersterer Gruppe die Kontrolle der exekutiven Funktionen ausgeprägter ist als bei der monolektalen Vergleichsgruppe. Poarch/Vanhove/Berthele (2019) fanden hingegen diese Unterschiede nicht.

Auch wenn in diesem Forschungsfeld noch viele Fragen offenbleiben, erscheint es doch lohnend, innere Mehrsprachigkeit nicht als „Sprachbarriere“, sondern vielmehr als Potential (Kaiser/Ender 2020) zu begreifen. Es mag zwar stimmen, dass Varietätengebrauch als sozio-indexikalisches Zeichen zur Anwendung kommt, die Konsequenz, eine der Varietäten zugunsten der prestigehöheren Varietät aufzugeben, muss jedoch aus diesem Verhalten nicht zwangsläufig abgeleitet werden. Dass es auch anders geht, zeigt Siegel (2006). Mit seinem „critical awareness approach“ stellt er eine Möglichkeit vor, wie im schulischen Unterricht mit Varietätenvielfalt umgegangen werden kann, ohne Minderheitengruppen zu diskriminieren. Hauptsächlich geht es bei diesem Ansatz darum, die Spracheinstellungen über Varietäten im Unterricht zu thematisieren und kritisch zu hinterfragen. Siegel (2006: 169f) beschreibt drei positive Effekte, die diese Unterrichtsform bietet: (1) Die Bewusstheit der Lehrer/innen zu den Sprachideologien, die die Varietäten begleiten, führt zu positiveren Einstellungen; (2) „ethnic pride“ nimmt zu und (3) die Wahrnehmung, dass das Schulsystem nur die dominante Varietät und Gruppe fördert, nimmt ab. Die Bewusstheit über die Sprachideologien fördere auch die Individuen der dominanten Gruppe, da sie stereotype Einstellungen abbauen und die eigene Kultur dadurch besser verstehen können. Siegel belegt dieses Vorgehen auch durch erfolgreich durchgeführte Programme in den USA und Großbritannien (2006: 163ff).5 Die Idee des hier präsentierten Projektes ist nun, ein solches Programm im bairischsprachigen Grenzraum von Salzburg und Bayern durchzuführen, wissenschaftlich zu begleiten und zu evaluieren, indem man Siegels Beispiel folgt, einen soziolinguistisch kritisch reflektierten Ansatz verfolgt und stereotype Einstellungen über Sprachvarietäten zum Unterrichtsgegenstand erhebt. Dabei ist zum einen natürlich die Erhebung vor der Durchführung des Programms interessant, als besonders vielversprechend gilt jedoch die Erforschung der Wirkung eines solchen Programms auf die Spracheinstellungen der Schülerinnen und Schüler.

2. Für einen groben Überblick vgl. König 2011: 134.

2. In dieser Arbeit liegt der Fokus auf dem Land Salzburg, in dem nur bairische Dialekte gesprochen werden. Über das alemannische kann daher keine Aussage getroffen werden.

3. Etymologisch bedeutet das Wort deutsch ‚Sprache des Volks‘ (Stedje 62007: 84).

4. Zum Begriff des Prestige siehe z. B. Haarmann 1990.

5. Siehe hierzu auch Bucholtz et al. (2014: 144f) und Snell (2013: 307f).


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